Positive Psychologie
Positive Psychologie: Die Wissenschaft vom gelingenden und erfüllten Leben
Positive Psychologie befasst sich mit der Frage, wie das psychische Wohlbefinden und die persönliche Entwicklung eines Menschen nachhaltig unterstützt werden können. Es ist die erste Disziplin, die sich wissenschaftlich mit diesem Thema befasst. Die Forschung konzentriert sich dabei auf Einflussfaktoren und Grundlagen, welche eine optimale menschliche Leistungsfähigkeit ermöglichen. Sie eröffnet neue Zugänge nicht nur für das einzelne Individuum, sondern auch für Teams und Organisationen. Der Ansatz lädt ein, neu zu denken und die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen.
Definition Positive Psychologie
«Die Positive Psychologie beschäftigt sich in Forschung und Praxis mit den Bedingungen und (Wechsel-)Wirkungen, die eine optimale Entwicklung von Personen, Gruppen und Organisationen ermöglichen.» (Gable und Haidt 2005; Linley et al. 2006).
Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass der Mensch grundsätzlich in der Lage wäre, 40% seines Daseins selber zu beeinflussen. Wir sind also nur zu 50% «Opfer» unserer Gene und nur gerade zu 10% abhängig von den äusseren Rahmenbedingungen. Es scheint also einen Spielraum für Veränderungen zu geben. Dazu gibt es «Grundrezepte», wie persönliche Denk- und Verhaltensgewohnheiten verändert werden können. Langfristig führt dies zu mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden. Entscheidend für den Erfolg ist, wie es den Menschen gelingt, die neuen Gewohnheiten zu stabilisieren und eine anhaltende Verhaltensänderung zu erreichen.
Was ist Positive Psychologie nicht?
Positive Psychologie hat nicht die Absicht, alles schön zu reden. Jeder Mensch kennt auch negative Gefühle und schwierige Situationen in seinem Leben, und es geht nicht darum, diese zu negieren oder gar zu ignorieren. Es braucht sie, um sich weiterzuentwickeln und Erfahrungen zu sammeln. Die Positive Psychologie will vielmehr einen Perspektivenwechsel auf das Gute erreichen und die positiven Aspekte fördern. Dies wie gesagt mit wissenschaftlichen Methoden, was sie von «Positivem Denken» und esoterischen Konzepten klar unterscheidet.
Was ist neu an der Positiven Psychologie?
Vieles, was in der Positiven Psychologie propagiert wird, kann durchaus mit «gesundem Menschenverstand» und «ganz logisch» oder «nichts Neues» bezeichnet werden. Und doch: es geht in einer Wissenschaft immer darum, alles, auch philosophische Konzepte, wissenschaftlich anhand von Studien zu überprüfen und zu verifizieren.
Die Positive Psychologie als Forschungszweig ist jung und gehört der akademischen Psychologie an. Der Begriff «Positive Psychologie» wurde von Abraham Maslow 1954 das erste Mal verwendet. Martin Seligman nahm den Begriff 1998 in seiner Ansprache für die American Psychological Association wieder auf und verband damit das Postulat, dass die psychologische Arbeit sich weniger an Defiziten orientieren soll, sondern an den vorhandenen Stärken und Ressourcen.
Trotz vieler Ähnlichkeiten zur humanistischen Psychologie grenzen sich Seligman und andere frühe Vertreter der Positiven Psychologie von dieser Disziplin ab, weil die Ansätze der humanistischen Psychologie empirisch nicht nachgewiesen waren.
Positive Psychologie: Erste Ansätze und philosophische Grundüberlegungen
Die ersten Ansätze von «Positiver Psychologie» sind bereits bei den antiken Philosophen zu entdecken. Bereits sie haben sich in ihren Schriften mit dem guten Leben, Tugenden und der Erfüllung im Leben befasst. Aristoteles hat zum Beispiel in seiner «Nikomachischen Ethik» über die Themen Glück und Wohlbefinden philosophiert. Schon er sprach von Tugenden und wichtigen Bedingungen für das gute Leben. Er war davon überzeugt, dass die persönliche Entwicklung von Charakterstärken und Tugenden und deren Einsatz für sich und für andere zum Erleben von Glück führt. Tugenden und Charakterstärken werden einem Menschen nicht in die Wiege gelegt, sondern können und müssen gefördert und eingeübt werden. Ob ein Mensch seine ganzen Fähigkeiten und sein ganzes Potenzial entfalten kann, hängt grösstenteils von ihm selbst ab. Diese Grundidee spielt auch in der heutigen Wissenschaft der «Positiven Psychologie» eine zentrale Rolle.
Auch viele Religionsgründer:innen und Theolog:innen beschäftigten sich mit der Bedeutung des guten Lebens und damit, wie man es erreicht. Ebenso Vertreter der humanistischen Psychologie (Carl Rogers, Abraham Maslow, Viktor Frankl)
Grundbegriffe der Positiven Psychologie
Die Wissenschaft der Positiven Psychologie beschäftigt sich vor allem mit den Charakterstärken und dem PERMA-Modell (Positive Emotions, Engagement, Relationships, Meaning, Accomplishment), die zusammen zum Aufblühen (englisch: «flourish») von Individuen, Gruppen und Organisationen führen. Bei den Charakterstärken haben sich Experten aus aller Welt auf 24 Charakterstärken und 6 Tugenden geeinigt.
Basis des PERMA-Modells bilden die Charakterstärken und Tugenden
Darauf aufbauend folgen die 5 Pfeiler
- Positive Emotions (Gute Gefühle, Spass)
- Engagement (Beschäftigung, Motivation)
- Relationships (Beziehungen)
- Meaning (Sinn, Sinnhaftigkeit)
- Accomplishment (Zielerreichung)
Ausgehend von den eigenen Charakterstärken bauen die 5 Säulen die Grundlage für ein «Aufblühen» (Flourish) und einer Potenzialentfaltung jedes Einzelnen.
Das Ziel für jeden Menschen soll es sein, dass er «aufblühen» kann. Dies kann als Anstreben einer grundsätzlichen Lebenszufriedenheit gesehen werden, aber auch als Gegensatz zum reinen «Funktionieren». Jedes der 5 Elemente vom PERMA-Modell steht für sich selbst, ist also unabhängig von den anderen Pfeilern. Alle 5 Dimensionen sind unabhängig messbar und erlernbar.
Positive Emotionen (P)
Positive Emotionen sind wichtig für unser Wohlbefinden. Glückliche Menschen blicken gern auf ihre Vergangenheit zurück, hoffnungsvoll in die Zukunft und geniessen die Gegenwart.
Engagement (E)
Wenn wir uns auf jene Dinge fokussieren, die wir voll und ganz geniessen und die uns wichtig sind, können wir im Moment aufgehen und kommen in einen Zustand der als Flow bekannt ist.
Beziehungen (R)
Wir alle brauchen jemanden. Wir erhöhen unser Wohlbefinden und teilen es mit anderen, indem wir enge Beziehungen mit Menschen in unserer Umgebung aufbauen: Mit der Familie, Freund:innen, Arbeitskolleg:innen, Nachbar:innen etc.
Sinn (M)
Wenn wir Zeit für etwas aufwenden, das grösser ist als wir selbst, wachsen wir über uns hinaus. Zum Beispiel für einen religiösen Glauben, für die Familie, für Gemeinschaftsarbeit, Politik, für ein berufliches Ziel etc.
Zielerreichung / Erfolg (A)
Jeder braucht Erfolge. Um Wohlbefinden und Glück zu erreichen, müssen wir im Stande sein, unsere bereits erzielten Erfolge im Leben zu sehen und uns zu sagen: «Ich habe es geschafft, und ich habe es gut geschafft.»
Als Basis der 5 Dimensionen steht der Einsatz der eigenen Charakterstärken. Dies sind dem Menschen innewohnende, positive emotional-kognitive Faktoren und innere Motivatoren, die ein «gutes Leben, ein Well-Being ermöglichen.
Positive Psychologie in Unternehmen und Organisationen:
Positive Leadership – Eine positive Unternehmenskultur schaffen
Positive Führung stärkt die Mitarbeitenden. Das ist zentral, denn der Erfolg einer Organisation ist eng verbunden mit der Arbeitszufriedenheit der Angestellten. Das «klassische Führen», das oft darauf ausgelegt war, Defizite zu reduzieren, entspricht nicht mehr den Erwartungen der Arbeitnehmenden. Sie wollen sich wohlfühlen und Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit finden. Dabei sollten ihre persönlichen Ziele im Einklang mit ihrer Beschäftigung stehen. Betriebliche Kennzahlen sind wichtig, aber wenn der Fokus nur darauf liegt, ist es für das Engagement der Mitarbeitenden nicht förderlich. Der Schwerpunkt von positiver Führung liegt auf den Stärken der Mitarbeitenden. Zufriedene Mitarbeitende leisten mehr. Positive Leadership schafft eine positive Unternehmenskultur. Agiles Führen und Arbeiten sind dabei zentrale Elemente
Methoden der Positiven Psychologie: Positive Interventionen
Interventionen der Positiven Psychologie scheinen einfach, alltagstauglich und wirksam zu sein. Sie fördern und stärken Führungskräfte, Mitarbeitende oder KlientInnen gleichermassen und bedeuten für die Organisation eine Win-Win-Situation. Diverse Forschungsergebnisse zeigen, dass einzelne Anwendungsvorschläge schnell zu einer positiven Veränderung beitragen können.
Positive Interventionen sind zukunfts- und lösungsorientiert. Sie fokussieren, aktivieren positive somatische Marker, ermöglichen eine kognitive Umstrukturierung und geben Sicherheit, Rückhalt und Sinn. Sie aktivieren und verstärken Belohnungskreisläufe auf den 5 «Wohlbefindensebenen» des PERMA-Modells und sind ein Katalysator für neue (positive) Denk- und Verhaltensmuster.